Sauberes Wasser – HighRisk für die Industrie

Kennen Sie die „Clean Water Initiative“? Sie ist Teil der Serie „House of Cards“. Das Engagement soll einem Karrierepolitiker ein positives Image verleihen. Sauberes Trinkwasser als „Greenwashing“? Das Problem ist viel zu ernst, auch für die Industrie.
Sauberes Wasser – auch heute noch für viele ein Problem, dass mit unsicheren und wenig entwickelten Gebieten der Erde verbunden wird. Es ist in der Tat eine fortwährende humanitäre Katastrophe. Laut unicef trinken aktuell rund 663 Millionen Menschen verschmutztes Trinkwasser. Wie „nah“ das Problem ist und wie schnell sauberes Trinkwasser aber auch für die Bevölkerung in Deutschland ein knappes Gut werden kann, machte unlängst das Bundeskriminalamt deutlich. Die Bild-Zeitung bezieht sich auf die „Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz“ und berichtet, dass Terroristen einen Chemie-Anschlag auf die Trinkwasserversorgung in Deutschland verüben könnten. In einer Unterrichtung an die Bundesregierung heißt es: „Eine entschlossene und mit ausreichendem Fachwissen ausgestattete terroristische Gruppierung dürfte durchaus in der Lage sein, das in Deutschland zu Genüge vorhandene Potenzial an chemischen Gefahrenstoffen im Rahmen eines Anschlags für ihre Ziele zu nutzen.“ Die Gefahr wird als „realistisch“ eingeschätzt.
Auch Industrie ist gefährdet – nicht nur in Deutschland
Doch nicht nur für die deutsche Bevölkerung ist gefährdet. Auch für Unternehmen weltweit werden die Risiken im Zusammenhang mit Wasser immer größer. Der „Annual Report of Corporate Water Disclosure“ berichtet in seiner jüngsten Ausgabe, dass die Schäden im Zusammenhang mit Wasser bei den befragten Unternehmen in 2016 auf 14 Milliarden US-Dollar gestiegen sind – eine Verfünffachung. Ein Viertel der Unternehmen geht davon aus, dass rund die Hälfte von den insgesamt über 4.000 verschiedenen mit Wasser verbundenen Risiken innerhalb der nächsten sechs Jahre auch eintreten wird.
Der „MITSloan – Management Review“ stellt im Ergebnis fest: „Aus Unternehmenssicht stellen Risiken bei der Wasserversorgung eine hohe Gefahr für die weltweiten Lieferketten dar.“ Die „Initiative Innovationskraft für Sicherheit in der Wirtschaft“ (IISW) sprach dazu mit Dr. Ulrich Franke, dem Leiter des „Institute for Supply Chain Security“
Herr Dr. Franke, Wasser und internationale Lieferketten – wie passt das zusammen?
Neben Energie ist „Wasser“ die wichtigste Ressource globaler Lieferketten. So wird beispielsweise sehr, sehr viel Wasser für die Produktion von Lebensmitteln gebraucht, z.B. Fleisch, Fisch, Getreide, Obst usw. Aber auch andere Rohstoffe brauchen Wasser zum Wachsen, z.B. Baumwolle, Holz usw. Dann verbrauchen wir noch Unmengen von Wasser in Produktionsprozesse, wir brauchen Wasser in Flüssen und Kanälen um unsere Güter zu transportieren und vor allem brauchen wir Wasser für Pflanzen, Tiere und den Menschen zum Leben. Ohne Wasser und dem Zugang zu sauberen Wasser funktioniert unsere Welt nicht.
Was bedeutet das für Produkte und Unternehmen mit einem hohen Wasserbedarf?
Die stetig steigende Nachfrage nach sauberen Wasser und die gleichzeitige Veränderung des Weltklimas mit langanhaltenen Dürreperioden und zunehmenden Starkregen und Überflutungsereignissen wird zu zunehmenden Ernteausfällen und Produktionsausfällen führen, so dass es auch für Industriebetriebe zu Versorgungsengpässen kommen kann. Die schwankende Verfügbarkeit von Wasser wird zu einen Umdenken mit dem Umgang mit der Ressource „Wasser“ und dem Wirtschaften mit Wasser führen müssen.
Unternehmen betrachten Vorlaufprodukte, wie Wasser, unter Marktpreisen. Ist das der richtige Gradmesser?
Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Wert des Wassers und dem Marktpreis. Erst wenn eine Ressource knapp wird, lernt man den Wert dieser kennen. Daher muss die Ressource Wasser eigentlich wieder so zurückgegeben werden wie sie dem Wasserkreislauf entnommen wurde – also im Prinzip ganz einfach. Das funktioniert Dank regulativer Umweltauflagen in einigen Ländern schon ganz gut. Insbesondere in den Ländern Mittel- und Nordeuropas die eigentlich Dank ihrer geographischen Lage keine Wasserprobleme haben. Auf der anderen Seite nutzen aber auch viele Unternehmen aus diesen Ländern die Standortvorteile in den Ländern, in denen die Umweltauflagen nicht zu rigide sind. Oftmals herrscht in diesen Ländern schon eine natürliche Wasserknappheit. D.h. das der Standortvorteil nur vordergründig ist und die vollen Kosten zu Lasten der Natur und der lokalen Bevölkerung gehen. Würden hier die vollen Kosten für Wasser in Anrechnung kommen, dann würden sich die Standortvorteile reduzieren oder sogar sich umdrehen. Wollen wir als Kunden in einer besseren und gerechteren Welt leben, dann müssen wir auch bereit sein die tatsächlichen Wasserkosten zu bezahlen. auf bestimmte Produkte zu verzichten.
Welche langfristigen Folgen wird das „Weiter-So“ für uns haben?
Ich traue mir hier keine eigene Prognose zu. Aber wenn ich darf möchte ich gerne US Defence Secretary Chuck Hagel inhaltlich zitieren. In 2014 hat das US Verteidigungsministerium den Klimawandel als die größte Bedrohung für die nationale Sicherheit identifiziert: „Steigende globale Temperaturen, schwankende Niederschlagsmuster, steigende Meeresspiegel, stark zunehmende Wetterextreme, wird den Wandel hin zu globaler Instabilität, Hunger, Armut und Kriegen intensivieren. Diese Entwicklungen führen zu Hungersnöten und Wasserknappheit, zu Pandemien, Streitigkeiten über Flüchtlinge und Ressourcen, und großen Zerstörungen durch regionale Naturkatastrophen weltweit. In unserer Verteidigungsstrategie betrachten wir den Klimawandel als Multiplikator der bereits existierenden Gefahren und deren Auswirkungen – wie die Ausbreitung von Infektionskrankheiten bis hin zum Terrorismus. Wir sehen bereits die ersten Auswirkungen dieser Entwicklungen.“ (1) Unternehmen mit Ihren globalen Lieferketten sind Bestandteil dieser Welt und tragen auf der einen Seite auch Verantwortung, auf der anderen Seite müssen sie sich an diese verändernde Welt auch schnell anpassen.
Was meinen Sie mit der Verantwortung von Unternehmen in diesem globalen Kontext?
Bereits einige große Unternehmen haben das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Dabei ist es jedoch wichtig sich die gesamte Lieferkette, so zu sagen von „Farm-Level“ – der Rohstofferzeugung über die Produktion und den Gebrauch / Verbrauch des Produktes  bin zur Rohstoffrückführungen in den natürlichen Kreislauf bzw. der Wiederverwertung und –nutzung zu analysieren und Maßnahmen zur Schonung der natürlichen Ressourcen umzusetzen. So hat beispielsweise Unilever in 2015 19 Millionen m³ Wasser weniger verbraucht als 2008, trotz steigender Produktionsmengen eine Reduktion um 37%. So können Unternehmen auch das Risiko der Abhängigkeit von Wasser reduzieren und gleichzeitig Ihrer global Verantwortung gerecht weiter. Eine klassische Win / Win Situation für das Unternehmen, die Gesellschaft und die Natur!
Quelle 1: https://www.defense.gov/News/Article/Article/603440
Quelle 2: http://ctl.mit.edu/sites/ctl.mit.edu/files/theses/Maria%20Vives%20-%20Gohil_Mendez_2016_Abstract.pdf

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