Rechte und linke Grenze

„Wer Alarmposten kann, der kann auch Checkpoint“, so der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer. Will meinen: Bei dem ganzen neumodischen Kram darf man nicht vergessen, dass die alten militärischen Verfahren und Prinzipien gar nicht so dumm sind und vielfach sehr gut in Zeiten der „hybriden Kriegsführung“ anwendbar bleiben.
Ganz in diesem Sinne: Teil des Ablösegesprächs beim Alarmposten ist die Weitergabe der „rechten und linken Grenze“. Schließlich muss man auch wissen, wo Schluss ist mit der eigenen Zuständigkeit.
Politisch gesehen haben wir lange in einer Zeit gelebt, in der diese „rechte und linke Grenze“ in der Weltpolitik nicht mehr zu existieren schien. Deutschland, gemeinsam mit den USA und gleichzeitig zusammen mit Russland. Berlin gefiel sich in der Rolle des Brückenbauers. Angela Merkel, beste internationale Partnerin von Barack Obama, wie wir gerade heute während seines Besuches in Berlin erfahren. Ebenso weltgewandt und der russischen Sprache mächtig, war die deutsche Kanzlerin eine enge Partnerin des russischen Präsidenten, Wladimir Putin.
Nun schaut in diesen Tagen alles auf die USA. Donald Trump scheint die „linke“ Grenze des deutschen Einflusses neu definieren zu wollen. Was können wir dagegen tun? Nichts. Darüber hinaus: Kennen Sie Igor Dodon und Rumen Radew? Sie sind die neugewählten Präsidenten der Republik Moldau und Bulgariens. Sie sind eindeutig prorussisch. Eine neue Anlehnung an „Mütterchen Russland“ war Inhalt des Wahlkampfes und auch entscheidender Faktor für die beiden Wahlsiege.
Die „rechte und linke“ Grenze, sie wird wieder betont, jenseits des Atlantiks und auch im Osten. Europa steht in der Mitte. Diesmal nicht als Brücke sondern zunehmend allein gelassen. Die Enttäuschung im Osten über die unerfüllten Heilsversprechen Europas ist groß. Die USA mit ihren großen wirtschaftlichen und strukturellen Problemen muss und wird sich wieder mehr auf sich selbst konzentrieren (müssen). Trump und Putin – schon im Wahlkampf war klar, dass sie gut miteinander können und sie keiner Mittlerin in Berlin mehr bedürfen.
Erinnerungen werden wach, als Deutschland noch ein zwischen Machtblöcken eingepferchtes kleines Land mit engen Grenzen war. Was lernen? Historische Bezüge helfen. Man konnte an Deutschland wie im Brennglas sehen, wie die westlich orientierte freizügige Gesellschaft der Bundesrepublik prosperierte, während eine ideologisierte und isolationistische DDR für wirtschaftlichen Niedergang und innere Spannungen stand.
Es ist nicht der Kalte Krieg, der nun zurück kehrt. Aber es sind die alten Prinzipien, die es sich wieder ins Gedächtnis zu rufen gilt. Das gemeinsam vorgestellte Obama-Merkel-Papier (exklusiv von der Wirtschaftswoche vorgestellt) tut das: „Deutsche und Amerikaner müssen die Möglichkeit ergreifen, die Globalisierung nach unseren Werten und Vorstellungen zu gestalten. Wir sind unseren Unternehmen und unseren Bürgern – ja der gesamten Weltgemeinschaft verpflichtet, unsere Zusammenarbeit zu verbreitern und zu vertiefen.“
Das ist gut und richtig. Deutschland sollte seine Macht und seinen Einfluss dabei nicht wieder überschätzen. Dieses Land hat seine rechte und linke Grenze in der Form eines begrenzten Einflusses auf die Politik in Washington und Moskau und erst recht auf die Weltgemeinschaft. Das war schon immer so und wird es voraussichtlich auch bleiben.

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