„Regulatorischer Rahmen, ja! Dominanz von Marktführern? Nein!“ 

Die Domino Deutschland GmbH ist Partner in der „Initiative Innovationskraft für Sicherheit in der Wirtschaft“ (IISW). Thomas Franke, der Leiter der IISW sprach mit Volker Watzke, EU Medical Device Sector Manager bei Domino: 
Herr Watzke, durch individuelle Kennzeichnung wird ein Massenprodukt zumindest für Logistiker zum Unikat. Welche Möglichkeiten bestehen, ein Produkt fälschungssicher zu kennzeichnen?
Eine hohe Kennzeichnungsqualität ist das A und O bei der Fälschungssicherheit von Produkten. Die EU-Fälschungsrichtlinie 2011/62/EU, konkretisiert durch die EU-Verordnung 2016/161, die bis Februar 2019 EU-weit in nationales Recht umzusetzen ist, gibt den Rahmen vor. Dieses, sowie andere internationale Serialisierungsprogramme sehen vor, dass auf jede Arzneimittelverpackung ein individueller 2D-Code in Kombination mit Klarschrift zu drucken ist, der bis zur Ausgabestelle gut lesbar bleiben muss. Die Serialisierung wird über kurz oder lang branchenübergreifenden Einzug erhalten. Wir bei Domino konnten bislang vielseitige Erfahrungen aus der Pharma-, Medizintechnik- und Tabak-Industrie, immer mehr aber auch aus der Lebensmittel- und Automobil-Branche, gewinnen. Nichtsdestotrotz bleibt zu bedenken, dass der Kennzeichnungsprozess nur einen Teilbereich innerhalb des Gesamtprozesses der Serialisierung darstellt. Demnach muss immer wieder darauf hingewiesen werden, dass nur das Zusammenspiel zwischen allen Solution-Providern zum Erfolg führen kann.
Was müssen Produktkennzeichen in einer vernetzten „Industrie 4.0“-Landschaft erfüllen?
Zunächst müssen sie vorgegebenen Standards, wie z. B. GS1-konformen Codes, entsprechen. Es sind jedoch auch individuelle Codes wie z. B. QR-Codes für Babynahrung denkbar, welche der Sicherheit in der Wertschöpfungskette und somit dem Verbraucher dienen. Zudem müssen diese Codes zuverlässig und in hoher Qualität auf Produkte aufgebracht und sicher durch nachgeschaltete Kamerasysteme ausgelesen und verifiziert werden können. Das erfolgreiche Zusammenspiel sämtlicher Integratoren gewinnt somit immer mehr an Bedeutung und es ist eine Entwicklung zu „schlüsselfertigen Gesamtlösungen“ erkennbar. Die erforderliche Datenbank-Anbindung und das Handling der großen Anzahl von Datensätzen, die es zu verwalten gilt, ist hierbei ein wesentlicher Faktor. Folgende Fragen sollten in diesem Zusammenhang gestellt werden: Sind Ihre Produkte davon betroffen? Ist Ihr Unternehmen auf die branchenspezifischen Anforderungen vorbereitet? Haben Sie die notwendigen Strukturen für die Datenbank-Anbindung?
Standardisierung über die gesamte Logistik hinweg führt zu einheitlichen Systemen. Ist das nicht wiederum ein Einfallstor für Kriminelle, eine Arbeitserleichterung?
Nein, da Sie nicht von einer Standardisierung im eigentlichen Sinne sprechen können. Der Schutz erfolgt auf verschiedenen Wegen und eine erfolgreich implementierte Serialisierungslösung kann nicht 1:1 nachgeahmt werden. Zudem gilt es zu bedenken, dass nicht nur die Einzelverpackung, sondern auch Bündel, Umverpackungen und letztlich Paletten gekennzeichnet werden. Ein Plagiatsschutz auf Umverpackungen ist nur dann sinnvoll, wenn entweder eine „Verheiratung“ der Einzelprodukte mit den Sekundärverpackungen datentechnisch erfolgt, oder die Umverpackung zudem ein Tamper Evident (Originalitätsverschluss) erhält – zum Beispiel in Form eines speziellen Etiketts oder speziellen Verschlusslösungen. Ein 100%iger Schutz wird damit nicht sichergestellt, allerdings werden die Hürden für Betrüger drastisch erhöht, sodass Produktfälschungen zukünftig deutlich weniger lukrativ sein sollten.
Sind Sie mit dem derzeitigen politischen Rahmen zufrieden?
In einigen Branchen, wie z. B. der Pharma-, Medizintechnik- und Tabak-Industrie, ist durch EU-weite und internationale Interessen ein erhöhter Umsetzungswille erkennbar. In der Regel ist jedoch immer wieder festzustellen, dass der Antrieb für Veränderungen von der Industrie selbst ausgeht, da die eigens hergestellten Produkte durch erhöhte Sicherheit und Rückverfolgbarkeit eine gesteigerte Herstellungs- und Logistik-Trans- parenz erhalten, die dem Verbraucher zugute kommt. Diese Umsetzung kann jedoch zu individuellen Lösungen führen und damit oftmals zu Lasten einheitlicher Sicherheitsprinzipien gehen. Die spezifische Sicherheitslösung eines einzelnen Marktführers darf hier jedoch nicht den Ton angeben. Vielmehr muss ein regulatorischer Rahmen her, der Grundstandards sichert aber offen für verschiedene Sicherheitslösungen ist. Hier müsste die Gesetzgebung in Kooperation mit den jeweiligen Verbänden sinnvolle Richtlinien und Standards vorgeben.

Leave a Reply

PAGE TOP