OECD: Umsatz mit Fälschungen wächst auf fast eine halbe Billion Dollar – mindestens

Dass es „nur“ um gefälschtes Parfüm, Turnschuhe oder Fußballtrikots geht, war einmal. Heutzutage wird schlichtweg alles kopiert, was die Märkte hergeben und wo Margen im Spiel sind, das weiß ganz aktuell auch die OECD: „Any product for which IP (Intellectual property) adds economic value to rights holders and that creates price differentials becomes a target for counterfeiters“.
Die Folge: Es gibt so viele Fakes wie noch nie. Und besonders viele gibt es in Europa.
Der neueste Bericht „Trade in Counterfeit and Pirated Goods“, den die OECD zusammen mit dem EU-Büro für geistiges Eigentum (EUIPO) verfasst hat, bringt das weltweite Ausmaß der organisierten Fälscherei auf den Punkt. Er zeigt, wer am stärksten von Produktpiraterie betroffen ist, wer dahintersteckt, wie die Fake-Produkte zu uns kommen – und dass dringend was dagegen unternommen werden muss. Denn der immer stärkere Handel mit gefälschten Gütern bedroht Unternehmen, Verbraucher und Staaten gleichermaßen. Er verhindert Innovation, hemmt das wirtschaftliche Wachstum und verringert die Steuereinnahmen. Minderwertige Produkte gefährden im schlimmsten Fall sogar die Sicherheit oder gar Gesundheit der Verbraucher. Und sie schädigen das Vertrauen in die Markenhersteller. Berücksichtigt man, dass die größten Handelsmarken beträchtliche Werte haben – Apple oder Samsung zum Beispiel sind aktuell 146 bzw. 83 Milliarden Dollar wert – ist der Schaden hier sehr schnell immens.
Schon fünf Prozent der EU-Importe sind illegal
Die Fakten: Für 2013 kommt der Bericht auf einen weltweiten Umsatz mit gefälschten Waren von 461 Milliarden Dollar. 2,5 Prozent des gesamten Welthandels und sogar fünf Prozent der EU-Importe (im Wert von 85 Milliarden Euro) sind demnach Fälschungen. Ein deutliches Wachstum also, noch 2008 hatte die OECD, allerdings auf einer dünneren Datenbasis, den weltweiten Anteil der Fälschungen auf 1,9 Prozent des Welthandels geschätzt. Allerdings dürfte der tatsächliche Schaden durch Fake-Produkte indes noch um einiges höher sein. Denn die Studie berücksichtigt zum einen keine online vertriebenen digitalen Produkte. Zum anderen beschränkt sie sich auf den internationalen Handel, das heißt, im jeweiligen Inland herstellte Fälschungen sind nicht erfasst.
Hauptleidtragende der Produktpiraterie sind erwartungsgemäß die großen Industrieländer, vor allem jene, in denen namhafte, international agierende Markenhersteller zuhause sind. Wertmäßig werden deswegen laut OECD besonders Marken und Patente von Unternehmen aus den USA, Italien, Frankreich, der Schweiz, Japan und Deutschland verletzt. Auch die Bandbreite der gefälschten Produkte ist groß: In der EU sind vor allem Uhren, Lederwaren, Schuhe, Tabak und Kosmetikprodukte betroffen. Aber auch Spielzeug, Medikamente, Maschinen oder sogar Nahrungsmittel(-labels) werden gefälscht. Hergestellt werden die Kopien überwiegend in China, das allerdings interessanterweise selbst immer öfter von Markenrechtsverletzungen betroffen ist. Eine Trendwende? Wohl kaum.
Wachsende Rolle der Organisierten Kriminalität
Bemerkbar macht sich auch im Handel mit Fälschungen der Trend zum e-Commerce, und zwar in Form eines zunehmend kleinteiligen Transports der Ware. 62 Prozent der illegalen Produkte kommen mittlerweile in kleinen Einheiten auf dem Postweg, da so das Risiko entdeckt zu werden besonders gering ist. Wird die Ware „klassisch“ transportiert, greifen die Kriminellen mit Vorliebe auf die bekannten Handelszentren wie Hongkong und Singapur oder Freihandelszonen wie die Vereinigten Arabischen Emirate zurück. Gezielt genutzt werden zum Einschleusen der falschen Ware aber auch mehr und mehr Staaten mit schwachen Regierungsstrukturen und hoher organisierter, mitunter auch terroristischer Kriminalität wie Afghanistan oder Syrien. Hier schließt sich gewissermaßen der Kreis, denn ein Großteil der mit Fälschungen erzielten Umsätze fließt zurück in die Finanzierung der Organisierten Kriminalität (OK), so die OECD-Studie.
Auch Terrororganisationen verdienen hier mit, da sie vermehrt die Methoden der OK  übernehmen und dabei ebenso erfolgreich auf den Handel von illegalen Fake-Produkten setzen – beispielsweise Al Qaida (im Maghreb) und Hamas mit gefälschten Zigaretten. Produktpiraterie stellt so neben den erwähnten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen auch eine ernsthafte Sicherheitsbedrohung dar.

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