"Smart Containment"-Strategie gefordert

Europa ist nicht gerüstet für den Kampf gegen den Terror und schöpft seine Potenziale nicht aus. Zu diesem Ergebnis kommt die kürzlich veröffentlichte Studie „Revisiting Convergence: Adapting Europe’s Security Strategy to Emerging Challenges“ des George C. Marshall European Center, die die gegenseitige Annäherung („convergence) von Terrorismus und organisiertem Verbrechen untersucht. Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass es maßgeschneiderter Lösungen im Bereich der Terrorbekämpfung bedarf, um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Die Autoren der Studie Jürgen Storbeck, ehemaliger Direktor von Europol, und Dr. Sebastian von Münchow, Dozent am George C. Marshall Center, weisen darauf hin, dass ein verstärkter Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den illegalen Handel, zum Beispiel mit Zigaretten, Elektronik oder Markenkleidung, benötigt wird, um den internationalen Terrorismus von seinen Finanzierungsquellen abzuschneiden. Ihren Untersuchungen zur Folge spielen die organisierte Kriminalität und der illegale Handel eine bedeutende Rolle bei der Finanzierung von Terrorgruppen. So haben sich sowohl die Attentäter von Charlie Hebdo als auch die Verantwortlichen der Pariser Anschläge im vergangenen November durch Kleinkriminalität finanziert.
Der illegale Handel sei „ein wichtiger Treiber für den Terrorismus und kann als eine der lukrativsten Einnahmequellen für Terrorgruppierungen nicht ignoriert werden. Leider vernachlässigt die Europäische Union diese Verbindung“, so die Autoren.
In der EU sind neun verschiedene Behörden für die interne und externe Sicherheit sowie die Bekämpfung des Terrors zuständig, unter anderem Europol, Eurojust und Frontex. „Als unabhängige Einheiten leisten die Behörden gute Arbeit. In Fällen, die mehrere Stellen betreffen, muss die Zusammenarbeit aber besser werden. Es gibt keine gemeinsame Behörde auf EU-Ebene, die dies koordiniert. Ein umfassenderes Gerüst ist hier notwendig, um die Zusammenarbeit der europäischen und auch der nationalen Behörden zu verbessern und den grenzüberschreitenden Kampf gegen den Terrorismus zu stärken“, so Storbeck und von Münchow.
Auch die Instrumente der Terrorbekämpfung seien veraltet, beklagen die Autoren. Das gelte beispielsweise für die Fokussierung der Strafverfolgungsbehörden auf Geldwäschedelikte. Terrororganisationen hätten keinen Grund, illegal erworbene Einnahmen in die legalen Finanzströme einzuspeisen. Sie verwendeten ihre Einnahmen, um (natürlich illegal) Waffen oder Sprengstoff zu erwerben – dafür müssten sie das Geld also nicht waschen.
Die Studie schlägt eine „Smart Containment“-Strategie aus Dialog, Abwehr und Prävention vor. Dabei dürften die euro-atlantischen Werte nicht geopfert werden. Zur Orientierung schlagen die Autoren sieben Maßnahmen vor, mit denen die EU-Sicherheitspolitik auf ein neues Niveau gehoben wird, um die aktuellen Herausforderungen effektiv zu meistern.
Die Studie ist ein weiterer Beleg für die Tatsache, dass deutsche und europäische Sicherheitsbehörden sich immer noch selbst im Wege stehen. Weder stimmen der Fokus der eigenen Arbeit noch helfen Ressortegoismen weiter. Während Terroristen und Kriminelle keine Probleme damit haben, gemeinsame Sache zu machen, schaffen es weder Deutschland noch Europa, innere und äußere Sicherheit sinnvoll miteinander zu verknüpfen.
Die ganze Studie von Jürgen Storbeck und Dr. Sebastian von Münchow finden Sie hier.
 

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