Panik und Vorfreude

Wenn die 28 Außenminister der Europäischen Union zum eilig einberufenen Krisentreffen in Brüssel zusammen kommen – dann steht der Ausbruch eines Krieges offensichtlich kurz bevor.
Panik macht die Runde in Brüssel, vor allem bei Federica Mogherini. Die Reaktion ist in der Tat beschämend und ein Zeichen, wie schlecht das Verhältnis zu den USA innerhalb der NATO bestellt ist. Schließlich ist lediglich ein neuer amerikanischer Präsident gewählt worden. Es gab eine faktische 50%-ige Chance, dass Donald Trump das Rennen macht. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Außenministerien der europäischen Staaten zunächst die „Option Trump“ ernsthaft ins Kalkül gezogen und sich darüber auch verständigt hätten. Doch nichts davon scheint der Fall zu sein. Immer noch gleicht die EU einem aufgescheuchten Hühnerhaufen, ohne Strategie und Einheit. Großbritannien, Frankreich und Ungarn haben bei dieser Mogherinischen Panikmache erst gar nicht mitgemacht und damit die Zerstrittenheit innerhalb der EU, wie man mit Trump und seinen angekündigten Leitlinien umgehen will, mehr als verdeutlicht.
Eine „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) der EU scheint aktuell weit entfernt. Die NATO – schon lange mehr gemeinsamer Übungsrahmen als denn tatsächliche Solidargemeinschaft – stellt sich selbst die Gretchenfrage. Ob die NATO noch Sinn macht, hängt an der Frage, ob man in der Lage ist, nationale Egoismen zu überwinden und tatsächlich füreinander einzustehen. Es geht daher gar nicht um „USA in“ oder „USA out“. Diese europäische Frage ist noch nicht entschieden, allen Sonntagsreden zum Trotz.
Ganz zur Freude der immer noch vornehmlich national organisierten Rüstungsindustrien. Der Wille zu vermehrten Rüstungsanstrengungen in Europa ist unverkennbar. Mangelnde Koordination der Staaten untereinander führt wieder einmal zum Aufbau doppelter Kapazitäten. Besser könnte es für die Unternehmen nicht laufen, wenn man Panzer und Flugzeuge gleich doppelt verkaufen kann.
Donald Trump kann somit seinen ersten außenpolitischen Erfolg verbuchen, bevor er auch nur den Amtseid geleistet hat. Die USA sind und bleiben der bestimmende Teil der NATO. Das Krisentreffen von Brüssel zeigt dies. Und die europäischen Staaten werden verstärkte Rüstungsbemühungen unternehmen, quasi in Form einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Der unpolitischste aller bisherigen US-Präsidenten zwingt Europa dazu, der eigenen Verantwortung nachzukommen. Ob Europa jedoch dazu in der Lage sein wird, gemeinsame geopolitische Interessen zu erkennen und solidarisch danach zu handeln, müssen die Staats- und Regierungschefs der EU selbst entscheiden. Auch hier hat sich Trump bereits determiniert: Die USA werden sich weniger in die Konflikte der Welt einmischen. Das wird auch für die europäische Debatte über die GSVP gelten.

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