Bartels: „Bundeswehr-Einheiten kannibalisieren sich gegenseitig“
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, legt den Finger „in die Wunde“. Bundeswehr-Einheiten sind im Bezug auf ihre Ausstattung oftmals das Papier nicht wert, auf dem sie im Verteidigungsministerium gelistet werden. In seinem Beitrag für den Tagesspiegel heißt es: „Ich habe ein Artilleriebataillon besucht, das von 24 planmäßigen Panzerhaubitzen 7 heil auf dem Hof stehen hatte. Davon waren 6 für die Nato-Response-Force gesperrt und die siebte diente als Reserve für die glorreichen sechs.“
In dem Beitrag heißt es: „Mancher hat sich gewundert, dass ich als ersten Schwerpunkt meiner Arbeit nicht die schwerfällige Kasernensanierung oder die Reform des Zulagenwesens gewählt habe, sondern die militärische Ausrüstung“, so Bartels. Nein, es wundert sich eigentlich niemand, dass die Ausrüstungsmängel der Bundeswehr im Fokus stehen. Es scheint, als seien die Debatte um zum Beispiel den A400M oder das G36, „Herkules“, die Gebb oder „Meads“, Eurofighter (die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen) an Bartels vorbei gegangen. Wer sich dauerhaft und detailliert über „Ausrüstung und so“ informieren möchte, dem sei der Blog von Thomas Wiegold empfohlen. Nach dieser Lektüre wundert einen gar nichts mehr.
Doch was ist die Konsequenz? Was fordert der Wehrbeauftragte? Er begrüßt einen Bericht! Ein Bericht über den Klarstand der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr soll jetzt jährlich kommen. Und weiter: „Die Bundeswehrreform muss nachgebessert werden!“ Das ist ebenfalls „ein alter Hut“. Ob Guttenberg oder de Maizière – die jeweils „größte Bundeswehrreform aller Zeiten“ haben die Soldaten der Bundeswehr schon öfter erleben dürfen. Das Ergebnis ist offensichtlich. Die unrühmliche Reihe von Bundeswehrreformen ist lang.
Wie lautet nun die forsche Forderung des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels? „Mit dauerhaft 1,2 Prozent (vom BIP), glaube ich, wäre die Bundeswehr im grünen Bereich.“ Damit erteilt Bartels den Segen, dass Deutschland das vereinbarte NATO-Ziel von 2 Prozent dauerhaft und signifikant unterschreiten wird. Und dabei geht es noch nicht einmal nur um Bündnistreue, also um Solidarität. Es geht um adäquate Reaktion auf steigende und immer komplexere Bedrohungen und nicht um das Zählen von Haubitzen. Es geht ebenfalls schon lange nicht mehr um Zahlenspielerei um den Einzelplan 14 herum. Das Geld, das die Bundeswehr tatsächlich brauchen würde, ist in Deutschland politisch nicht durchsetzbar und damit illusorisch.
Der Weg, die Bundeswehr isoliert zu betrachten ist also offensichtlich eine Sackgasse. Das Verhalten von Bartels spricht eine klare Sprache. Was ist die Lösung? Die formulierte General Hans-Werner Fritz als Resümee seiner Dienstzeit auf tagesschau.de: „Das Militär kann einen Grundsockel an Sicherheit erzeugen, aber wir brauchen darauf aufbauend Entwicklung im zivilen Bereich. Um gute Regierungsführung, gute Verwaltung, Bildung, wirtschaftliche Entwicklung herzustellen, brauchen wir die anderen Ressorts und auch die großen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. In diesem Bereich haben wir Fortschritte gemacht: Wir stimmen uns inzwischen in einem Maße ab, das vor ein paar Jahren nicht selbstverständlich war. An einer noch besseren Vernetzung führt kein Weg vorbei. Denn die Krisen der Welt wird man mit militärischen Mitteln allein nicht lösen können.“
Ursula von der Leyen verfolgt mit ihrem Weißbuch 2016 den richtigen Weg. Isolierte Verteidigungspolitik ist tot – der „Comprehensive approach“ ist die Lösung. Ihn nicht nur international, sondern schon auf nationaler Ebene zu verfolgen – das wäre dann allerdings „die größte Bundeswehrreform aller Zeiten“ Bleibt zu hoffen, dass sich das Verteidigungsministerium nicht an den Egoismen der der etablierten (Ressort)-Politik die Zähne ausbeißen wird.
(Foto: SPD Schleswig-Holstein)