Grexit und was er sicherheitspolitisch bedeutet

„Tsipras kommt ohne Vorschläge nach Brüssel“ oder „Juncker droht Griechenland mit Ausscheiden aus der Eurozone“ … Schlagzeilen wie diese bestimmen die aktuelle Debatte. Die Frage ist: Kann und will Griechenland in der EU bleiben? In beiden Fällen ein klares „Nein“. Unter den gegebenen Voraussetzungen, und damit sind die derzeitig gesetzten Bedingungen der Gläubigerstaaten gemeint, kann Griechenland nicht in der EU bleiben. Das wäre weder wirtschaftlich verkraftbar, noch wäre es gesellschaftspolitisch gewünscht, wie das Referendum der Griechen vom Wochenende überdeutlich gemacht hat. Bliebe also zu klären, warum Griechenland nicht mehr in der EU bleiben will. Hier sind die Griechen tatsächlich eher unentschieden. In der EU zu bleiben wäre eine Alternative, aber nur bei einem klaren Schuldenschnitt und guten Ausgangsbedingungen für eine wirtschaftlich tragfähige Zukunft. Hier muss jedoch die EU liefern und nicht Griechenland, wie man uns in den Medien Glauben machen will. Genau für diese Umkehrung der Kräfteverhältnisse kämpft Tsipras in Brüssel. Warum ist er dabei so offensichtlich locker? Weil er längst eine Alternative hat. Russland ist geneigt seinen Einflussbereich auszuweiten, als Kompensation für die Schmach der NATO- und EU-Osterweiterung. Auch wenn Russland kein so wirtschaftsstarker Partner ist, wie die EU – Griechenland wäre mit einem Schlag viele Sorgen los und hätte einen Freund gewonnen. Russland wäre die Freundschaft der Griechen viel wert. Steigt Griechenland ebenfalls noch aus der NATO aus, böten sich die griechischen Häfen den russischen Truppen geradezu an. Aber soweit muss es noch nicht einmal kommen, um die NATO entscheidend zu schwächen. Innerhalb der NATO würde ein Heranrücken Griechenlands an Russland ein diffiziles Gleichgewicht ins Wanken bringen. Die Türkei hätte als „amerikanischer Flugzeugträger“ am Rande des Krisenbogens im Nahen Osten die Hauptlast zu tragen. Die Mentalität der Regierung dort lässt nicht darauf vertrauen, dass man hier einen verlässlichen und langfristigen Partner hat. Die Lage ist fatal – nicht für Tsipras, sondern für die EU und die NATO. Griechenland hat alle Trümpfe in der Hand. Wir werden sehen, wie viel Deutschland und den anderen Gläubigern die Sicherheitslage an der Südostflanke der NATO wert sein wird.

Thomas Franke

Thomas Franke has been working for more than 30 years in the field of security and defense. One of the main focuses of his recent activities is the "Forum Vernetzte Sicherheit gGmbH," which he founded. This is a news portal and network dedicated to promoting interdisciplinary exchange on all essential aspects of security. During his work as an advisor in the German Bundestag, Franke became familiar with the concept of synergistic security. It's NATO affiliation is the "comprehensive approach". He adopted this approach and consistently emphasized security aspects during his numerous roles as soldier, researcher, press officer and publisher. Through this, Franke gained expertise not only in the military domain but also in financial security, corporate risk management, political and societal risks. Among other initiatives, Franke advocates for research projects that enable a new security architecture through collaboration between civilian, governmental, and scientific actors (Public-Private Partnerships/PPPs). Until March 2021, he led a bilateral research project on security in pharmaceutical logistics, funded by Germany's Federal Ministry of Education and Research (BMBF) and Austria's Ministry for Innovation and Technology (BMVIT). Most recently, Franke is mainly focused on cognitive warfare, Enterprise Architecture Management and human performance modification for the Federal Armed Forces of Germany.

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