Forum Vernetzte Sicherheit

In-depth considerations on synergistic security

„Die Sicherheit zum Thema machen“

Die erste echte Landtagswahl in Vorbereitung der Bundestagswahl im September 2017 ist abgeschlossen. So wenig es oftmals stimmt, dass Landtagswahlen ein Präjudiz für einen Bundestrend sind, so sehr stimmt es diesmal hier.

Daniel Günther, der „Typ Schwiegersohn“ mit dem verwechselbaren Doppel-Vor-Nachnamen hat gegen den markigen Torsten Albig gewonnen. So wollen es die Medien sehen. Doch die beiden, Günther und Albig, sind der beste Beweis, dass es mitnichten um Personen geht. Günther und Albig sind als wahlentscheidende Personen, als Leitbilder irrelevant. Klar – Personen lassen sich in Talkshows einladen, Themen nicht. Personen kann man befragen, Themen muss man sich erarbeiten. Das will in der schnelldrehenden Medienmaschine kaum einer noch ernsthaft unternehmen. Daher werden Personen zum Steigbügelhalter einer medialisierten Politik, in der es sich scheinbar um Menschen dreht aber in Wirklichkeit um Themen geht.

„Deutschland 2017“ ist ein anderes als „Deutschland 2015“. Dazwischen liegen zwei Ereignisse, die das politische Gefüge der Bundesrepublik Deutschland massiv verschoben haben: die Flüchtlingskrise und (mit diesem Ereignis verbunden) das Entstehen und tatsächliche Erstarken der AfD als für viele vorstellbare „Alternative“ zum herrschenden politischen Establishment. Man kann sich ausmalen, wie die Wahl in Schleswig-Holstein ausgegangen wäre, wäre die AfD nicht die von Neid und Machtgeilheit zerfressene rechtsnationale Truppe von Wahrheitsverweigerern, sondern eine tatsächliche Alternative. Das richtige Thema hat sie adressiert: die Sicherheit. Jörg Nobis, Landeskandidat der AfD in Schleswig-Holstein, erklärte: „Wir werden die innere Sicherheit zum Thema machen“. Darauf hat die AfD dankenswerterweise kein Monopol. Auch die CDU Schleswig-Holstein stärkte der Polizei plakativ den Rücken. Es hat ihr geholfen, sicherlich.

Sicherheit als Thema

Dabei ist „Sicherheit“ seit jeher ein wesentliches Kernelement zahlreicher Wahlkämpfe in der Bundesrepublik Deutschland. In den vergangenen Jahrzehnten waren Westintegration, NATO, Kalter Krieg und die Stationierung von Pershing-II-Raketen immanenter Bestandteil fast aller Wettkämpfe um die politische Mehrheit. Es wart vergessen in der Zeit, als sich die Bonner Republik langsam aber sicher in die Berliner Republik wandelte. Zwischendurch hatte sich die FDP am Thema der „Inneren Sicherheit“ versucht – mit bekanntem Ergebnis. Nun ist es wieder da. Der Ansatzpunkt: Terror und Migration. Waren es in den 60er bis 80er Jahren der jungen Bundesrepublik die regelmäßigen Probealarme und Sirenengeheule in allen Winkeln der Republik, sind es heute die medial vermittelten Schockwellen aus dem Nahen Osten und die damit verbundenen Migrationswellen. Sie erinnern die Menschen hierzulande, dass unser Friede und Wohlstand sehr gefährdet sind. Es wäre fatal, dieses (Un)Sicherheitsgefühl der Menschen in unserem Land nicht zu thematisieren.

Neue Flüchtlingswelle

Warum ist also die Wahl im nördlichsten Bundesland ein Präjudiz für den September 2017? Weil in ihr sich die tektonische Verschiebung im Wählerbild zeigt, die das „Deutschland 2016“ produziert hat. Sie ist auch deswegen ein Präjudiz, weil der türkische Präsident Recep Erdogan im Sommer 2017 die Grenztore nach Syrien als Faustpfand für eine wohlgefällige Politik Europas einsetzen wird. Schon heute gehen führende Personen in deutschen Ministerien fest von einer neuen, durch die Türkei losgestoßenen und wahlentscheidenden Flüchtlingswelle in diesem Sommer aus. Die Bilder in den Medien und der Druck auf die Politik werden erheblich sein.

Erster Schritt zur Bundestagswahl

Die Wahl in Schleswig-Holstein war tatsächlich die Ouvertüre zur Bundestagswahl 2017. In ihr war die Verschiebung des Wählerempfindens aus dem vergangenen Jahr eingepreist. Es ging mitnichten um „Günther vs. Albig“ – es geht den Menschen um die Suche nach der Politik, die Antworten weiß auf die drängenden Fragen dieser Zeit. Und zu diesen Fragen gehört nun einmal die nach der möglichst großen Sicherheit, seien es soziale Sicherheit oder die Möglichkeit des angstlosen Besuches größerer Feste. Wahlen werden wieder zur Suche nach dem besten Lösungsansatz und sind keine Entscheidung für den nettesten Schwiegermutter- oder Landesvater-Typus. Die Partei, die diese wahrhaften Lösungen im Bereich der Sicherheit anbietet und am glaubwürdigsten vermittelt, wird gewinnen. Der „Kanzlerbonus“ und der „Schulz-Effekt“ waren selten so unbedeutend wie heute. Das ist die Lehre aus „SH 2017“.

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